Das Insektenparadies Blumenwiese

Haupt Verlag

Publiziert am 23. Dezember 2024

3 Minuten Lesezeit

  • Insekten

  • Pflanzen (Stauden, Gehölze)

  • Pilze

  • Reptilien

  • Säugetiere

Das Mähen macht ein Grünland zur Wiese und bietet vielfältige Lebensräume – besonders auf nährstoffarmen, sonnigen Flächen. Sie fördern die Artenvielfalt, da sie Insekten Nahrung und Lebensraum bieten – und damit auch vielen weiteren Tieren im Naturgarten zugutekommen.

Darum geht's

  • Blumenwiesen gedeihen unter vielfältigen Bedingungen – ob feucht oder trocken, sonnig oder schattig.

  • Besonders artenreich sind sie an nährstoffarmen, sonnigen Standorten mit ein- bis zweimaliger Mahd pro Jahr.

  • Sie bieten zahlreichen Insekten Lebensraum und Nahrung – und sind damit eine wichtige Grundlage für viele weitere Tierarten.

Blumenwiesen: Blühende Vielfalt im Siedlungsraum

Eine Blumenwiesen ist Grünland, das regelmässig gemäht und in der Landwirtschaft zur Futterproduktion für Nutztiere genutzt wird. Je nach Bewirtschaftungsart bietet sie mehr oder weniger Pflanzen- und Tierarten Lebensraum. Der Artenreichtum und die Zusammensetzung der Wiese hängen vor allem von der Düngung, aber auch von der Nutzung (in der Stadt ist das die Pflege) ab, also von Schnitthäufigkeit, -höhe und -termin. Besonders artenreich sind Wiesen auf nährstoffarmen Böden, wenn sie nur ein- bis zweimal pro Jahr gemäht werden. Werden Wiesen nicht mehr gemäht, verbuschen sie allmählich und entwickeln sich zu Wald.

Die typische Wiesenart im Mittelland ist die Fromentalwiese (Talfettwiese). Sie besteht wie alle anderen Wiesen aus Gräsern und Kräutern und kann vor dem ersten Schnitt eine Höhe von 80–100 cm erreichen. Die blumenreiche Ausprägung der Fromentalwiese ist heute im Mittelland selten geworden. Noch seltener sind Magerwiesen wie der mitteleuropäische Halbtrockenrasen. Dieser Wiesentyp findet sich nur auf nährstoffarmen Böden in sonnigen Lagen. Er zeichnet sich durch eine besonders grosse Artenvielfalt aus und beherbergt oft auch zahlreiche seltene und geschützte Arten (z. B. Orchideen). Im Siedlungsraum entwickeln sich Magerwiesen meist an Bahnböschungen oder an stark geneigten Lagen. So ist der steile Aargauerstalden mitten in der Stadt Bern ein alter Halbtrockenrasen, der im Inventar der Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung verzeichnet ist. 

An nährstoffreichen und beschatteten Standorten blühen Wiesen weniger bunt. Doch selbst wenn solche Wiesentypen bezüglich Flora nicht sehr vielfältig sind, dienen sie doch der Fauna als Versteck, Überwinterungsort und Nahrungsgrundlage.

Artenreiche Blumenwiese© Pusch

Aufbau einer Blumenwiese

Artenreiche Wiesen haben einen charakteristischen Aufbau mit nieder- bis hochwüchsigen Arten auf verschiedenen Etagen. In Bodennähe befindet sich die Streuschicht, die dank dichtem Wuchs für feuchte, schattige und geschützte Lebensräume sorgt. Darüber liegt die Blühschicht, ein lichter und luftiger Bereich zwischen den langen Halmen der Gräser. 

Diese Tiere profitieren von einer Blumenwiese im Garten

Wiesen können sehr insektenreich sein und damit die Nahrungsgrundlage für viele Vögel und insektenfressende Säugetierarten bilden. Sie bieten auch Tagesverstecke und Rückzugsorte. Beispiele für Tierarten, welche mit Wiesen gefördert werden können:

Diese Pflanzen profitieren von einer Blumenwiese im Garten

In einer artenreichen Wiese können 60 oder mehr Pflanzenarten gedeihen. Beispiele für Pflanzenarten, welche mit Wiesen gefördert werden können:

Was eine Blumenwiese besonders wertvoll macht

  • Saatgut von einheimischen, standortgerechten Wildarten lokaler Herkunft - Lokale Ökotypen von Wildpflanzen tragen zur genetischen Vielfalt bei und haben eine grössere Chance, sich in der Wiese langfristig zu etablieren: Die Wiese bleibt artenreich. Je mehr Pflanzenarten, desto mehr Tierarten.

  • Besonnter, magerer Standort - An stark besonnten, trockenen und nährstoffarmen Standorten verlieren stark wüchsige Pflanzenarten nährstoffreicher Böden ihren Konkurrenzvorteil. So entsteht Platz für eine Vielzahl von Spezialisten, welche an diese besonderen Standortbedingungen angepasst sind. Die meist lückige Vegetation ist auch für Insekten und andere Kleintiere wertvoll.

  • Nachbarschaft - Die Wiese grenzt an andere naturnahe Lebensräume (Sträucher, Hecken, Bäume, Kleinstrukturen etc.). Dies fördert Insekten, da die meisten für ihren Lebenszyklus mehrere unterschiedliche Lebensräume brauchen.

  • Extensive Pflege - Die Wiese wird nur 1‒3x jährlich geschnitten. Das erste Mal frühstens, nachdem die Wiesenmargeriten verblüht sind. Das Schnittgut wird mindestens 24 h (besser 48 h) liegen gelassen. Insekten können sich verkriechen, Pflanzen absamen.

  • Schonender Schnitt - Mähen mit Sense oder Balkenmäher. Mit einer Schnitthöhe von 10‒12 cm werden Insekten und andere Kleintiere bei der Mahd geschont.

  • Altgrasstreifen - Wenn gestaffelt (etappenweise) gemäht wird oder ein ungemähter Altgrasstreifen von mind. 10 % der Wiesenfläche belassen wird, finden Insekten einen Rückzugsort.

  • Alter der Wiese - Bis sich eine stabile Lebensgemeinschaft (Pflanzen, Insekten, Bodenlebewesen) eingestellt hat, braucht es Zeit. Eine alte Wiese ist artenreicher als eine junge Wiese.

Eine eigene Blumenwiese schaffen

Anpassung der Pflege eines Rasens

Wenn Sie Ihren Rasen nicht mehr düngen und nur noch ein- bis dreimal jährlich mähen, entwickelt sich daraus eine Wiese. Dies kann eine recht schöne, artenreiche Wiese geben, wenn es sich um einen alten Rasen an besonnter Lage mit einem hohen Anteil an Kräutern handelt. Sie blüht dann meist, wenigstens in den ersten Jahren, etwas weniger üppig als eine neu angelegte Wiese, ist aber ökologisch gesehen sogar wertvoller (s. Alter und Dynamik).

Besteht Ihr Rasen jedoch vor allem aus Gräsern und/oder Weissklee, wird auch die Wiese unattraktiv und eintönig.

Aufwertung einer artenarmen Wiese 

Eine artenarme Wiese aus wenigen Kräuter- und Grasarten kann mit etwas Geduld aufgewertet werden: Entweder Sie säen Teilflächen neu ein. Oder Sie pflanzen standortgeeignete Wiesenpflanzen vom Wildpflanzenmarkt oder der Wildstaudengärtnerei in die Wiesenfläche. Diese können sich mit der Zeit selbstständig in der ganzen Wiese ausbreiten. Das Einsäen einer bewachsenen Fläche (Übersaat) ist nicht zielführend, da die bereits vorhandenen Pflanzen die Keimung und Entwicklung der neuen Pflanzen behindern.

Neuanlage

Am sichersten erhalten Sie innerhalb von kurzer Zeit (2‒3 Jahre) eine schön blühende Wiese, wenn Sie sie komplett neu anlegen. Beachten Sie, dass eine Wiese an einem eher schattigen Ort mit nährstoffreichem Boden nie so auffällig blühen wird wie eine besonnte Wiese auf magerem Boden. Für Insekten und andere Kleintiere ist sie trotzdem wertvoll. Und mit der richtigen, angepassten Saatmischung und den zum Standort passenden Pflanzen kann sie auch recht attraktiv werden. 

Blumenwiese neu anlegen: Boden vorbereiten, regionales Saatgut säen und mit naturnaher Pflege langfristig Artenvielfalt fördern© Pusch

Blumenwiesen planen und Standort richtig wählen

Blumenwiesen anlegen - Anleitung und bester Zeitpunkt für einen Trittstein

Blumenwiesen richtig pflegen – für dauerhafte Biodiversität

Kleinstrukturen wie Totholz, Sandflächen oder Steinlinsen ergänzen Blumenwiesen und schaffen zusätzliche Lebensräume für Wildbienen, Eidechsen und Kleintiere.© Pusch

Kosten & Zeitaufwand einer Blumenwiese: Das sollte man wissen

Saatgut: Um die 1.00‒15.00 CHF/m2, sehr unterschiedlich je nach Anbieter, nach Zusammensetzung und Gewinnungsart

Wildstauden: Um die 6.00‒18.00 CHF/Stück, sehr unterschiedlich je nach Anbieter, nach Grösse und Pflanzenart

Zur Erstellung einer Wiese können Sie, statt selber Hand anzulegen, ein Gartenbauunternehmen beauftragen. Die Preise dafür sind abhängig von der Grösse, Form und Topografie der Fläche, die zur Wiese werden soll. Sie sind jedoch auch sehr unterschiedlich je nach Unternehmen, das Sie beauftragen. Es lohnt sich, Offerten einzuholen. Sie müssen mit einer Pauschale für Anfahrt und Einrichten rechnen sowie mit Kosten für Bodenbearbeitung und Ansaat, die pro m2 anfallen. Optionale Arbeiten wie Materialabtransport, Deponiekosten oder Ausmähen der Ränder werden noch zusätzlich verrechnet. Fragen Sie nach, ob die Erstellungspflege in den ersten zwei Jahren vom Unternehmen übernommen wird und lassen Sie dies auch in die Offerte einbinden.

Auch die Pflege (Mahd) können Sie vom Gartenbauunternehmen machen lassen. Das Mähen einer Gartenwiese kostet meistens weniger als die Pauschale für Anfahrt und Einrichten. Deshalb empfiehlt es sich, gleich mehrere Lebensräume pflegen zu lassen. 

Material für eine Blumenwiese: Einkauftipps

Saatmischungen

Auf dem Markt sind diverse Blumenwiesenmischungen erhältlich. Viele davon haben mit einer natürlichen Wiese nichts zu tun: Sie enthalten neben einjährigen Arten wie Mohn und Kornblume vor allem starkwüchsige Futtergräser (z. B. Englisches Raygras) und oft auch nicht heimische Arten. Nach einem bunten Blütenmeer im ersten Jahr kommt die grosse Enttäuschung – übrig bleiben ein paar Gräser oder Klee.

Eine gute Wiesenmischung zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: 

  • Saatgut aus regionaler (noch besser lokaler) Produktion, ausschliesslich einheimische Wildpflanzen (auch Gräser), keine Sorten

  • Gleichgewicht von Kräutern und Gräsern, ca. 50:50

  • Artenzusammensetzung und -anteile sind angegeben

Pflanzen

  • Bei RegioFlora können Sie sich zum Standort Ihrer Wiese passende Wildpflanzen vorschlagen lassen und erfahren, wo diese in Ihrer Nähe erhältlich sind.

  • Wildstaudenproduzent:innen aus der Umgebung finden sie bei Bioterra  

  • In verschiedenen Regionen und Städten gibt es jährliche Wildpflanzenmärkte mit einem vielfältigen Angebot an Wildstauden, Samen und Sträuchern.

Sobald sich die Wiese etabliert hat und mit jedem Jahr bunter blüht, kann man Kleinstrukturen wie Sandlinse oder Steinhaufen auf der Wiese ergänzen.

Durch gestaffelte Blütezeiten entsteht ein kontinuierliches Blütenangebot – von Frühling bis Herbst Nahrung für Wildbienen & Schmetterlinge.© Pusch

Achtung: wie man bei der Umsetzung einer Blumenwiese Tiere und Pflanzen schützt

  • Vernichten Sie den aktuellen Bestand vor einer Neuanlage nicht mit Herbiziden.

  • Verzichten Sie auf einen Mähroboter. Mähroboter machen keinen Halt vor Tieren und gefährden insbesondere (Jung-)Igel, die sich bei nahender Gefahr zusammenrollen. Auch für Amphibien und Insekten können sie tödlich sein. 

  • Ebenfalls nicht sinnvoll ist die Verwendung einer Motorsense (Fadenmäher). Diese führt oft zu Schäden an den Pflanzenrosetten und kann in Bodennähe lebende Tiere wie zum Beispiel Blindschleichen oder auch Jungigel verletzen. 

Quellen:

Praxishandbuch Stadtnatur des Haupt Verlag

Siedlungsräume bieten auf engem Raum viele Lebensräume und sind wichtig für die Biodiversität. Dieses Praxishandbuch zeigt, wie Lebensräume erhalten und neu geschaffen werden – und was jede:r tun kann, damit Städte für Tiere und Pflanzen attraktiv bleiben.

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